Von Gott und der Welt
Unverwundbar
Sich selbst zu schützen ist richtig und notwendig, doch Sicherheit kann nicht absolut hergestellt werden.
Das wissen wir von alters her, dass es nicht funktioniert mit der Unverwundbarkeit, mit der absoluten Absicherung vor allem Bedrohlichen. Davon erzählen die alten Sagen. Achill der Göttersohn wird von seiner Mutter der Meernymphe Tetis in den Fluss Styx getaucht. Sein Körper wird dadurch unverwundbar, doch seine Mutter hat ihn an der Ferse gehalten. Die blieb verwundbar und durch einen, wohl vergifteten Pfeil, der ihn an der Ferse traf, fand der den Tod. Oder Siegfried, der sich mit Drachenblut panzerte, doch das Lindenblatt übersah und genau an dieser verwundbaren Stelle vom Speer Hagens durchbohrt wurde.
Unverwundbarkeit, absolute Sicherheit ist nicht möglich und kann auch nicht gewünscht sein, denn Unverletzlichkeit birgt die Gefahr der Gnadenlosigkeit in sich. Denn nur wer selbst verletzlich ist, kann auch die Verwundbarkeit des anderen wahrnehmen. Das ist nicht leicht, denn die Schwäche des andere zu sehen, erinnert uns wieder daran, dass wir selbst verletzlich sind. Da scheint es leichter sich lieber einen Panzer zuzulegen, doch das funktioniert nicht. Das wissen wir von Siegfried und Achill.
„Von Gott und der Welt"
Die Kolumne von Michael Chalupka, erscheint jeden Samstag in der Kronenzeitung