Von Gott und der Welt
Null-Stunden-Jobs
Sie ist kein Buch für Naive. So steht im Buch der Sprüche: „Mit Reichtum muss mancher sein Leben erkaufen; aber ein Armer bekommt keine Drohung zu hören.“ Dieser Satz geht von einer Welt aus, die weiß, wie ungleich der Reichtum verteilt ist und dass die Armen nicht selbst schuld sind an ihrem Elend. Warum sollte man denen, die ohnehin schon benachteiligt sind, auch noch drohen?
Die Welt hat sich gewandelt seit biblischen Zeiten. Die Armen werden zu Schuldigen gemacht, die zu faul sind, sich einen Arbeitsplatz zu ergattern – auch wenn es zehn Mal mehr Arbeitsuchende gibt als offene Stellen. Wer erbt, gilt hingegen als fleißig.
Vorreiter dieser Beschämung und Bedrohung der Armen ist England. Ruth Patrick aus Liverpool berichtete diese Woche auf der Armutskonferenz in Salzburg von Neidkampagnen gegen Menschen, die sich in Sozialmärkten die Bäuche vollschlügen, und von so genannten Null-Stunden-Jobs.
Menschen arbeiten nicht fixe Stunden, sondern müssen den ganzen Tag auf Abruf zur Verfügung stehen; sie bekommen nur für die Stunden bezahlt, die sie tatsächlich arbeiten (dürfen). Das führt zu billigen Arbeitskräften, die sich ihrer Armut schämen. Durch Drohung gefügig gemacht, wird ihnen dann ihre Armut vorgeworfen.
„Von Gott und der Welt“, die Kolumne von Michael Chalupka, erscheint jeden Samstag in der „Krone".