Aus alt mach neu

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30. Januar 2020
Upcycling: "Nähe durch Nähen" lässt neue Kleider entstehen. Um wenig oder gar kein Geld. Und es stärkt Mütter und Kinder.

Eine Gruppe alleinerziehender Mütter, die mit wenig Geld auskommen müssen, hatte gemeinsam die Idee, aus Kleidungsstücken, die nicht mehr passen, neue zu nähen. Upcycling heißt dieser "Trend", der von viel Positivem begleitet wird: Neue Kleider um wenig oder gar kein Geld, kreatives Tätigsein und weniger Müll.

"Für mich geht hier ein Wunsch in Erfüllung"

Menschen, die finanziell in einer schwierigen Situation sind, sind meist auch psychisch stark belastet. Das ist noch einmal mehr der Fall, wenn sie Kinder haben, um deren gute Zukunft sie sehr besorgt sind. Eine bunte Kinderhose oder ein T-Shirt selbst herzustellen kann ein Erfolgserlebnis sein, dass eine Mutter psychisch aufrichtet. Besonders, wenn sie diese Aufgabe selbst gewählt hat.

"Ich habe von meiner Mutter nähen gelernt, aber ich habe lange nicht mehr genäht," erzählt Andrea M., während ihr Sohn Johann auf ihren Schoß klettert und neugierig auf die Nähmaschine schaut. "Für mich geht hier ein Wunsch in Erfüllung. Ich nähe gerade eine Hose für Johann. Ich kann mir selber keine Nähmaschine leisten und auch Stoffe sind zu teuer. Hier treffe ich andere Mütter, ich kann meine Kinder mitnehmen, ich bekomme auch Stoffe aus Spenden. Es ist eine schöne Gemeinschaft hier und wir helfen zusammen, irgendwer kennt immer eine Lösung."

Nähen und Austausch

Im Diakonie Zentrum Spattstraße haben die Frauen die Möglichkeit, sich regelmäßig zu treffen, und gemeinsam zu nähen. Die Mütter lernen in der Nähgruppe voneinander auch Strategien, wie sie ihre eigenen Interessen mit den Bedürfnissen der Kinder in Einklang bringen können.

Und es ist sehr deutlich, dass sich die Erfahrung der Selbstwirksamkeit auch auf die Kinder positiv auswirkt. Die Kinder erleben das handwerkliche Tun ihrer Mütter – im Bildschirmzeitalter für viele eine neue, prägende und beispielgebende Erfahrung.

Das gemeinsame Nähen verbindet die Frauen, es entsteht Nähe und stützende Netzwerke können wachsen.

Ziel ist es, dass sich die jungen Mütter auch zu Hause kreative bzw. handwerkliche Arbeiten zutrauen (insbesondere neben ihren Kindern) und die stärkenden Erfahrungen aus der Gruppe auf andere Lebensbereiche übertragen.

5 Workshops mit jeweils 5 Stunden Dauer werden jährlich angeboten

Mit Euro 5.500,- pro Jahr können Overlock-Nähmaschinen, Stoffe und Zubehör angeschafft werden sowie Personalkosten finanziert werden.

Doris Fleischanderl ist Familienbegleiterin der Frühen Hilfen im Diakonie Zentrum Spattstraße. "Ich organisiere die Nähtreffs, Schnitte und Schneiderutensilien und kaufe Stoffe und Zubehör. Ich finde einen Termin, an dem wir den Raum nutzen können, den ich in Nähwerkstatt und Kinderspielzimmer gleichzeitig umgestalte. Und je nachdem, wer mich gerade braucht, bin ich dann bei den Müttern und helfe beim Nähen oder bei den Kindern, um mit ihnen zu spielen."